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Islamisches Recht

الشريعة

Sharia / Scheriat

 

Die Sharia wird in unserem westlichen Sprachgebrauch oft fälschlicherweise als Synonym für islamisches Recht verwendet. Diese Betrachtung ist aber nicht ganz korrekt. Deshalb hier zuerst eine Begriffsbestimmung und daran folgend eine Übersicht.

 

Arabisch Umschreibung deutsche Entsprechung
الشريعة Sharia / Scheriat der Weg
القرآن Koran Rezitation
سنة Sunna Überlieferung / Handlungsweise des Propheten
حديث Hadith Bericht / Nachricht
جهاد Dschihad / Jihad Anstrengung
إجماع Ijma Einwilligung / Zustimmung
قِيَاس Qiyas Entsprechung / Ähnlichkeit
فقه Fiqh Einsicht

 

 

Übersicht 

Koran
Sharia / Scheriat
Sunna
Hadith
Dschihad
Ijma
Qiyas
Islamisches Recht / Fiqh

 

Nach Ansicht des Islamischen Welt braucht der mit einem freien Willen ausgestattete Mensch eine Rechtleitung, die ihm den Weg des rechten Gebrauchs seiner Fähigkeiten weist, damit er diese zum Nutzen der Menschheit und der übrigen Schöpfung entfalten kann. Diesen Weg nennt der Islam Scharia. Aufgezeigt wird dieser Weg durch den Koran, der als unverfälscht geltenden Offenbarung Gottes (Allah) und durch die als vorbildliche angesehene Handlungsweise des Propheten Muhammad (Sunna). Muhammad wird als das vortrefflichste Beispiel für einen gottergebenen Menschen dargestellt.

    Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allahs ein schönes Vorbild für jeden, der auf Allah und den Letzten Tag hofft und Allahs häufig gedenkt.
    (Sure 33, 21)

Koran und Sunna zeigen dem Menschen einen Weg auf, der es ihm ermöglicht, im Einklang mit der göttlichen Schöpfungsordnung zu leben und seine Fähigkeiten zu entwickeln, so dass er ein wahrer Diener Gottes sein kann. Dieser Weg befindet sich, nach Ansicht des Islam, in vollkommener Übereinstimmung mit der Vernunft.
Die Scharia soll kein einschränkendes Zwangssystem sein, daß den Menschen reglementiert und beschränkt. Sie gilt deshalb als umfassend und unteilbar, weil auch Gott als allumfassend und unteilbar eingestuft ist. Er ist allgegenwärtig und allmächtig, und seine Herrschaft umfasst alle Dinge. Frieden und Gerechtigkeit können daher nur erreicht werden, wenn der Mensch bereit ist, sich in allen Bereichen des Lebens den göttlichen Normen zu unterwerfen, die Koran und Sunna vorgibt. Die Scharia umfasst das gesamte menschliche Leben auf der individuellen Ebene, sowie der gesellschaftlichen Ebene. Somit regelt die Sharia alle Lebensbereiche in mehr als 50 Sachgebieten, von rituellen Handlungen über Familien-, Erb-, Handels-, Wirtschafts-, Zivil- und Strafrecht bis zur Wiedergutmachung von Schäden oder vom richtigen Gebet bis hin zur Wahl des Staatspräsidenten. Sie beschränkt sich dabei nach Ansicht des Islam nur auf das Notwendige. Diese Ansicht ist von nicht Muslimen nur schwer erkennbar. Nach offiziellen Statements ist die Scharia eigentlich nur für den Muslim verbindlich, das heißt, daß Angehörige anderer Religionen auch in einem islamischen Staat nicht dem islamischen Recht unterliegen. Nichtmuslimen wird in einem islamischen Staat aufgrund der Scharia, im allgemeinen, Rechtsautonomie gewährt. Sie können ihre rechtlichen Angelegenheiten autonom regeln, so dass die Scharia nur bei Streitigkeiten zwischen Muslimen und Nichtmuslimen herangezogen wird, wobei hier die Scharia maßgebend herangezogen wird. Angeblich werden auch die Rechtsvorstellungen der Nichtmuslime berücksichtigt. Immer wieder muß man, statt dessen feststellen, daß dem eben nicht so ist (Fall Hofer). Werden doch die Vorschriften des Islam genauso auch auf nicht Muslime, wie Christen, Juden, Atheisten usw. angewendet. Hier ist keine Grenze gezogen zwischen einen Muslime und einem Andersgläubigen. Alle fallen somit automatisch unter das islamische Gesetz. Warum das so ist findet sich im Koran.

    Und aus euch soll eine Gemeinde werden, die zum Guten einlädt und das gebietet, was Rechtens ist, und das Unrecht verbietet; und diese sind die Erfolgreichen.
    (Sure 3, 104)

Anders ausgedrückt, das islamische Recht bestimmt, für alle Menschen, was Rechtens ist. Die Normen der einzelnen Rechtsgebiete sind, nach Ansicht der islamischen Rechtsgelehrten, aufeinander abgestimmt und ergänzen einander, so dass man die Scharia, angeblich nicht mit anderen Rechtssystemen kombinieren kann. Sie soll dynamisch sein und verlangt daher stets die Berücksichtigung der aktuellen Gegebenheiten und Umstände der Zeit und des Ortes, an dem man sich befindet. Im Gegensatz dazu empfinden Menschen, die nicht Muslim sind, dieses Rechtssystem als dogmatisch und antiquiert. Die Scharia als solches ist noch kein vollständiges Rechtssystem. Sie ist aber die Quelle der islamischen Rechtswissenschaft, aus der die islamischen Juristen die faktischen Rechtsnormen entwickeln. Das islamische Recht ist genauso wie unser Rechtssystem eine Wissenschaft. Sind die Grundlagen im Koran dabei noch relativ überschaubar, so wird es bei der Unzahl von angeblich authentischen Ahadith, doch recht Unübersichtlich. Jede Rechtsschule hat dabei seine eigene Hadith- Sammlung. Mitunter sind die einzelnen Ahadith so verschieden, daß sie im Widerspruch zueinander stehen. Deshalb kommt es auch vor, daß in einigen islamischen Ländern die Rechtsprechung etwas liberaler erscheint. Im Gegensatz dazu kann man sagen, daß der Koran wörtlich, ja sogar Aussprache mäßig übereinstimmt. Das Ableiten der Rechtsnormen aus der Scharia wird Dschihad genannt. Dieser ist die eigentliche Aufgabe des islamischen Rechtsgelehrten, denn durch ihn wird die Dynamik die Anpassung an die sich verändernden Gegebenheiten der Zeit gewährleistet. Daher ist die Rechtssprechung auch sehr von der Person des Rechtsgelehrten abhängig.
Der Prophet Muhammad hat immer die Entscheidung getroffen, die den göttlichen Normen entsprach. Heute erscheint diese Ansicht brutal (Steinigung) und rückschrittlich. Immer ist für den Betreffenden mit persönlichen Nachteilen (z. B. Hand abhacken) zu rechnen. Im Islam wird auch noch heute diese Vorgehensweise als vernünftig angesehen. Der islamische Jurist hat immer die Aufgabe, den Sinn der Entscheidungen des Propheten herauszufinden. Dieser Sinn ist sehr lastig, religiös zu suchen. Die Scharia ist in der Geschichte vielfach mißbraucht worden. Vor allem für diktatorische Herrscher, ist sie willkommen, um die Menschen ihres Einflußbereiches, zu unterdrücken. Die Scharia kann nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn einerseits die Menschen bereit sind, ihr zu folgen, und andererseits genügend aufrichtige Rechtsgelehrte vorhanden sind, die bemüht sind, den objektiven Sinn der Scharia zu ermitteln. Diese Rechtsgelehrten dürfen sich aber nicht den Machtinteressen der Herrschenden beugen. Die Muslime sind sich heute in immer stärkerem Maße bewusst, dass die Lösung ihrer vielfältigen Schwierigkeiten von ihrer eigenen Bereitschaft abhängt, die Scharia zu verwirklichen. Keinem Volk kann man die Scharia aufzwingen. Sie kann nur bei den Menschen praktiziert werden, die aufrichtige innere Bereitschaft haben, ihr Leben auf diesem Weg zu beschreiten. Sie darf also nur auf Muslime angewendet werden. Das Recht wird in sogenannten Rechtsschulen gelehrt.
Innerhalb des sunnitischen Islam haben sich vier allgemein anerkannte und zulässige Rechtsschulen herausgebildet.

Die Schiiten haben eine Rechtsschule.

Die Lehren der Rechtsschulen schreiben vor, wie man seine religiösen Pflichten erfüllen und das Gesetz auszulegen hat.

Das schon erwähnte arabische Wort Dschihad, das im Westen irreführend mit Heiliger Krieg übersetzt wird, bedeutet eigentlich Anstrengung. Anstrengung um der Sache Gottes willen. Es kann sowohl den äußeren wie den inneren Kampf bezeichnen. Die kriegerische Verteidigung und Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereiches galt in der Vergangenheit als eine besondere Weise des Dschihad. Makaber ist die, von Muslimen heftig bestrittene, zwangsweise Islamisierung zu dieser Zeit. Der geistliche Kampf wird als der große Dschihad bezeichnet und über den kleinen Dschihad, den kriegerischen Einsatz, gestellt. Auch friedliche Bemühungen, z.B. um gerechte und soziale Verhältnisse, können als Dschihad bezeichnet werden.

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